Alberta 2 – Wild Rose Country

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Am nächsten Morgen (06.07.2024) schlafen wir erstmal aus und versuchen dann Campingplätze für die Übernachtungen im Banff Nationalpark zu buchen. Dies sollte sich als Nervenzerreißprobe herausstellen. Alle Campingplätze für die kommenden Tage, die man online buchen kann, sind komplett ausgebucht oder die Reservierung schlägt bei jedem Versuch fehl. Auch die Auswahl der Campingplätze stimmt nicht mit der Übersichtskarte überein, die wir haben. Uns wird bewusst, dass wir viel zu unvorbereitet an die Sache ran gegangen sind. Die Campingplätze sind bereits Monate im Voraus ausgebucht und wir ganz naiv 1 Tag vorher mal unser Glück versuchen wollten. Auf unserer bisherigen Reise sind wir gut damit gefahren unsere Schlafplätze erst am selben Tag, teilweise kurz vor Sonnenuntergang zu suchen und zu finden. Das monatelange Vorbuchen finden wir eher nervig. Vor allem wenn man flexibel beim Reisen bleiben möchte. Letztlich können wir noch einen Campingplatz für Jasper ergattern, doch für die ersten 2 Nächte in Banff werden wir wohl oder übel wieder aus dem Nationalpark heraus fahren müssen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit am Laptop fahren wir endlich los Richtung Rocky Mountains. Und hier werden wir nicht enttäuscht. Wir sind mächtig beeindruckt als die riesigen schneebedeckten Berge am Horizont auftauchen. Vor allem nach der langen Fahrt durch die Prärie, werden wir einfach nur umgehauen von diesem Bergpanorama. Den ersten Tag in Banff lassen wir ruhig angehen, bummeln etwas durch die Stadt und laufen einen kurzen Trail zu einem imposanten Wasserfall, den Bow Falls. Auf dem Weg dorthin treffen wir zu unserer Überraschung eine ehemalige Schulkollegin von Silas und ihren Mann. Wir freuen uns alle über diesen Zufall und tauschen uns über unsere Reisepläne und Erfahrungen aus. Die beiden erklären uns, dass der Moraine Lake und alle abgehenden Wanderwege von dort aus nicht mehr mit dem eigenen Auto zu erreichen sind, da die Straße dorthin gesperrt ist. Diese Info wird uns später noch vor eine weitere große Herausforderung und Geduldsprobe stellen. Und dann trennen sich unsere Wege wieder. Anschließend verbringen wir die Nacht außerhalb von Banff, auf einem Schotterabschnitt am Highway, eingequetscht wie Ölsardinien mit anderen Autos und Campern. Wie gemütlich…
Und dann verbringen den nächsten entnervten Abend am Laptop um irgendein Busticket für den Moraine Lake oder den Lake Louise zu ergattern. Nach einigen Stunden und viiiel Ausdauer, bekommen wir dann noch 2 Bustickets für den Moraine Lake am nächsten Tag.

Als wir am nächsten Morgen am Moraine Lake ankommen, begeben wir uns nach den obligatorischen Fotos vom See auf den Larch Valley Trail. Dieser bedeutet einen steilen Serpentinen-Aufstieg in die Berge zu erklimmen. Der Wanderweg erstreckt sich zunächst über ein Waldgebiet und wird dann immer alpiner. Je länger wir laufen desto beeindruckender wird die Aussicht. Nach und nach sehen wir immer wieder den Moraine Lake helltürkis durch die Bäume leuchten. Bis der Wald sich lichtet und wir einen freien Blick auf die umliegenden Berge genießen dürfen. Das Bergpanorama haut uns um. Und es wird noch besser… Wir laufen in Sommerkleidung durch den Schnee, vorbei an teils gefrorenen Bergseen, über einen steilen Bergpass zu einer Wahnsinnsaussicht. Hier stärken wir uns für den Abstieg und bekommen Besuch von einem der süßen Chipmunks (Streifenhörnchen), die hier überall unterwegs sind. Dann beginnt der Abstieg…
Wieder beim Bub angekommen, fahren wir durch ein wunderschönes Wald-Berge-Panorama, hören Musik und sind unfassbar dankbar für diese Natur, in der wir unterwegs sein dürfen. Dann geht’s nochmal nach Banff zum Einkaufen und danach zum Schlafplatz. Nachdem die müden Füße einbalsamiert wurden, geht es ausgepowert ins Bett.

Doch auch der nächste Tag dient nicht dem Ausruhen. Da wir kein Busticket mehr zum Lake Louise bekommen konnten, starten wir zum Sonnenaufgang um früh noch einen Parkplatz am Lake Louise zu ergattern. Dort angekommen, liegt der See ruhig und klar zu unseren Füßen. Die Spiegelung der Berge im See ist einfach wunderschön. Und dann machen wir uns auf zur nächsten großen Wanderung, mit dem Ziel die „Six Glaciers“ zu erreichen.

Auf unserem Weg passieren wir einige schöne Bergseen mit glasklarem Wasser. Wir genießen es vormittags unterwegs zu sein und nicht mit den Menschenmassen zu laufen. Nach einer Weile wird es immer steiler und wir machen einige Höhenmeter. Spätestens jetzt spüren wir, dass unsere Füße von der gestrigen Wanderung noch ihre Regeneration noch nicht komplett abgeschlossen haben. Nach ein paar Stunden in denen unsere Füße weiteren Höhenmetern getrotzt haben, werden wir mit einer ersten Wahnsinnsaussicht auf den strahlend blauen Lake Louise und das umliegende Tal belohnt. Hier legen wir eine Pause ein und stärken uns am Abgrund sitzend mit Nüssen und Banane. Um unseren Trail weiter wandern zu können, müssen wir erst wieder ein paar Höhenmeter bergab laufen. Das findet Silas Knie aber überhaupt nicht lustig und fängt prompt an zu schmerzen. Hier verschaffen die Wanderstöcke von Shirins Stiefvater Ralf Abhilfe. Mit dem Voranschreiten des Tages kommt auch die Sonne und mit ihr die Hitze, die uns ordentlich Energie raubt. Doch wir geben das Wandern nicht auf, laufen durch tolle Blumenlandschaften und erfreuen uns immer wieder an der grandiosen Aussicht auf den Lake Louise und das Tal. Dann erreichen wir unser zweites Etappenziel – ein Teehaus, in dem wir uns nochmal für den letzten Abschnitt stärken. Im Anschluss wandern wir über Geröll und stapfen durch Schnee bis wir endlich den Punkt der „Six Glaciers (sechs Gletscher)“ erreichen. Hier wurde uns definitiv nicht zu viel versprochen. Die mächtigen Gletscher erstrecken sich zum Greifen nah vor unseren Augen. Wir sind wirklich beeindruckt. So dicht vor den Gletschern zu stehen macht einen richtig ehrfürchtig. Wieder einmal fühlen wir uns winzig auf diesem Planeten. Nach viel Staunen und Natur auf uns wirken lassen, machen wir uns auf zum Abstieg. Es ist heiß und es geht steil bergab. Doch letztlich meistern wir den Abstieg und erleichtern unsere müden Füße mit einem kühlenden Bad im See. Das tut gut! Als wir vorne am Lake Louise ankommen, ist nicht mehr viel von dem ruhigen Gewässer von heute morgen übrig. Der See ist bevölkert mit Kanus und Touristen. Wir sind froh, den Tag so früh gestartet zu haben und verabschieden uns vom Lake Louise.

Wir fahren zum Campingplatz und lassen den Abend mit Lagerfeuer und Grill ausklingen. Als wir endlich im Bett liegen wird Silas von starken Knieschmerzen geplagt. Doch kein Wunder, nachdem wir in zwei Tagen in Folge so viele Höhenmeter geschrubbt haben. Morgen müssen wir dringend ausschlafen. Gesagt – getan. Nachdem wir ausgeschlafen haben, fahren wir mit dem Bub durch eine atemberaubende Landschaft mit schneebedeckten Bergen, Gletscher, Seen und Wälder bis zum Peyto Lake. Und dieser steht den anderen Seen der letzten Tage in keiner Hinsicht nach. Diese türkise Farbe vor der Bergkulisse ist einfach überwältigend. Es sieht aus als wäre der Kontrast enorm hoch gedreht. Doch das ist die Realität! Einfach unfassbar schön.

Um den Abend entspannt ausklingen zu lassen, versuchen wir unser Glück bei einem der „first come, first serve“ Campingplätze, den man nicht vorbuchen kann. Da wir früh genug sind, finden wir noch ein gemütliches, schattiges Plätzchen für uns und den Bub. Dieser Abend steht ganz im Zeichen des Brotes. Heute backen wir unser erstes Brot in unserem Omnia Campingbackofen und machen zusätzlich Stockbrot über dem Lagerfeuer. Und wir sind begeistert. Unser erstes richtig gutes Brot seit Wochen. Wir sitzen am Feuer, mit Blick in den Wald, der Geruch von Holz und Harz in unserer Nase und wir genießen in vollen Zügen unser Brot. Was ein Moment! Die deutschen Overlander im Brothimmel. In diesem Moment wird uns auch klar, dass wir bisher in rasender Geschwindigkeit unglaublich viel erlebt haben, was noch verarbeitet werden muss. Einfach nur mal innehalten und im Moment sein. Das ist das was wir brauchen. Ein Jahr lang Abenteuer und immer auf Achse sein, das halten wir nicht durch. Wir brauchen diese Momente der Achtsamkeit


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