Unsere Zeit in New Brunswick startet mit viel Organisation und vielen ersten Malen. Da wir in den letzten Stunden vor unserer Abfahrt in Deutschland all unsere Campingausstattung erstmal nur wahllos in alle Schubladen, Schränke, Schwerlastauszug etc. reingestopft haben, um noch pünktlich nach Hamburg zur Verschiffung zu starten, muss erstmal aufgeräumt werden. Uns war auch klar, dass wir erst auf der Reise unser Ordnungskonzept entwickeln können und der Bus vermutlich sowieso noch zig mal umgeräumt werden wird. In den nächsten Tagen sieht es so aus, dass Shirin sich um Nahrungszubereitung kümmert, während Silas räumt und räumt und räumt. Es gibt wirklich sehr viel zu räumen, wenn du einen ganzen „Hausstand“ in einem Bus sortieren möchtest. Doch Schritt für Schritt und Tag für Tag entwickelt sich unser Bub zu einem gemütlichen, gut ausgestatteten, Wohn- und vor allem Lebensraum auf Rädern. Neben dem Räumen, muss in den ersten Tagen und Wochen noch viel eingekauft werden. Wir benötigen erstmal eine Grundausstattung an Lebensmitteln, Putzutensilien etc. Jeden Tag fällt uns noch etwas ein was wir benötigen. Und so schwinden die Tage nur so dahin, die wir in Supermärkten verbringen.
In der Nähe von Sackville im „Silver Lake“ waschen wir uns zum ersten Mal auf unserer Reise im See. Wir finden es traumhaft. Das Wasser in den Seen von Kanada ist einfach nur super klar und leuchtet in allen erdenklichen Blau- und Grüntönen. Nach dem See fühlen wir uns wie neu geboren – nicht nur sauber, sondern rein 😉
Danach fahren wir südlich von New Brunswick zur Fundy Bay auf den Fundy Trail Parkway. Dieser kostet uns ca. 26 Dollar und ist jeden Cent wert. Es ist eine wunderschöne Straße, die sich von einem atemberaubenden Aussichtspunkt zum nächsten durch die Natur schlängelt. Wir halten auch wirklich an jedem Aussichtspunkt! Wir können nicht anders, weil es einfach so wunderschöne Blicke über das Meer und die Felsen bietet. Um so überraschter sind wir, dass wir quasi alleine dort unterwegs sind. Es ist dort einfach nur still und menschenleer. Ab und zu fährt mal ein Auto vorbei, aber ansonsten stehen wir allein an den Aussichtspunkten und sind baff und einfach nur glücklich dies so entspannt sehen und erleben zu dürfen.

Neben den Aussichtspunkten hat der Fundy Trail Parkway auch noch ein paar interessante und traumhafte Strände, Wasserfälle und Wanderwege zu bieten. Zunächst fahren wir zum Long beach. Und dieser macht seinem Namen alle Ehre. Dieser Strand ist so weitläufig, dass du quasi eine Tageswanderung machen musst, um den ganzen Strand ablaufen zu können. Die Fundy Bay ist auch bekannt als Gezeitenwunder. Dort kann man die Auswirkungen von Ebbe und Flut hautnah an jeder Stelle miterleben. Aufgrund von Ebbe konnte man auch noch kilometertief ins Meer rein laufen. Also heißt es für uns Schuhe ausziehen und die Füße in den Sand stecken. Wir laufen eine Weile den Strand entlang und lassen uns von der schier endlosen Weite beeindrucken.
Danach geht es weiter zu den Fuller Falls, da eine Wasserfall- Besichtigung natürlich auch nicht fehlen darf. Während unserer Kanada Reise werden wir merken, dieses Land hat unzählige Wasserfälle zu bieten. Gegen Abend machen wir uns auf zu unserem letzten Stopp auf dem Fundy Trail, dem Melvin Beach. Dort erwartet uns eine komplett andere Kulisse als noch am Long Beach. Erstmal müssen wir einen Waldpfad hinunter laufen, um dann einen Steinhügel zu erklimmen, um überhaupt den Strand sehen zu können. Und dann erstreckt sich vor uns ein eindrucksvoller Steinstrand in einer Bucht, die von Klippen und Felshöhlen gesäumt ist und Bäumen, die an roten Sandsteinfelsen empor wachsen. Jedem Geologe würde hier vermutlich das Herz aufgehen. Hier gefällt es uns total gut und am liebsten würden wir den Abend hier entspannt ausklingen lassen, aber wir müssen noch vor Einbruch der Dunkelheit den Fundy Trail verlassen, um einen Schlafplatz zu finden.
Auf dem Weg nach draußen, dürfen wir dann noch ein spektakuläres Naturschauspiel miterleben. Eine unglaublich riesige Wolkenwand zieht über den Meer herauf und treibt Richtung Küste auf die Klippen zu. Wir sind beeindruckt. Unseren Recherchen zufolge sollte dies eine Kaltfront gewesen sein, die über das Meer gezogen ist. Eine Kaltfront bildet die Grenze zwischen einer vorrückenden kalten Luftmasse und einer vor ihr liegenden wärmeren Luftmasse. Die dichtere und schwerere kalte Luft, schiebt sich unter die leichtere, wärmere Luft, die dann aufsteigt. Da das Wasser wenig Widerstand bietet kann eine Kaltfront sich schneller ausbreiten als auf dem Land. Dies führt dann zu diesem abgefahrenen Naturspektakel, das wir an der Fundy Bay beobachten durften.

Und dann fahren wir runter vom Fundy Trail auf der Suche nach unserem Essens- und Schlafplatz. Wir finden unseren Schlafplatz in einem Ort namens Little Beach, packen unseren neu erworbenen Campingkocher aus und kochen das erste Mal auf unserer Reise. Es gibt zwar nur Nudeln mit Tomatensoße, Karotten und Bohnen, aber in dem Moment sind es die leckersten Nudeln mit Tomatensoße, die wir je gegessen haben. Wir können es so richtig genießen.
Am nächsten Tag machen wir uns auf Richtung Norden. Hier fahren wir nach Empfehlungen von Google Maps auf den „spritsparendsten“ Straßen. Dies erwies sich jedoch als grober Fehler. Wir werden nur über schlecht asphaltierte Huckelpisten, mit riesigen Schlaglöchern und ab und zu einer Schotterpiste gelenkt und brauchen letztlich doppelt so lange wie auf dem Highway. Sobald man hier abseits des Highways fährt, sind die Straßen sofort in einem unfassbar schlechten Zustand, auch wenn es eine viel befahrene Straße ist. Die Einheimischen mit ihren riesigen Trucks, entsprechenden Reifen und Fahrwerk haben hier weniger Probleme und rasen dementsprechend in Höchstgeschwindigkeit an uns vorbei, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, wenn Schlaglöcher auf der Straße auftauchen. Auf dem Weg sind wir begeistert von den kleinen, süßen, bunten Häusern, die wir immer wieder in der Landschaft entdecken. Alle Häuser stehen auf weitläufigen Grundstücken und dürfen wunderschöne Ausblicke auf die Landschaft genießen. Während der Autofahrt durch New Brunswick fällt uns auch auf wie sich die Umgebung im Vergleich zu Nova Scotia verändert hat. Wir sehen wesentlich mehr Felder auf denen etwas angebaut wird. Hier wird definitiv mehr Landwirtschaft betrieben. Auf unserem Weg nach Norden Richtung Provinz Québec machen wir Halt in Fredricton, der Hauptstadt von New Brunswick. Dort gibt es einmal einen Schnelldurchlauf durch die Stadt. Zuerst laufen wir etwas durch die Innenstadt, schauen uns ein paar Läden und die Architektur der Gebäude, insbesondere Kirchen an und dann laufen wir noch durchs Wohngebiet.

Nach diesem kurzen, effizienten 😉 Stadtrundgang fahren wir weiter nach King’s Landing. Ein Ort an dem man live miterleben kann wie die Menschen früher dort gelebt haben. Dort restaurieren und bauen sie die originalen Häuser aus Siedlerzeiten wieder auf. Mittels kostümierten Darstellern lassen sie die Vergangenheit dort wieder aufleben. Als wir ankommen, erfahren wir, dass der Park leider aufgrund von Hitzewelle geschlossen hat. Wir laufen dennoch einmal durch das Hauptgebäude, in dem einige Informationstafeln, Fotos, ein Film, Kleidung, Geschirr und Werkzeug ausgestellt sind. Hier wird deutlich dass die Siedler der englischen Krone treu gewesen sind. Ostkanada (v.a. Ontario, Nova Scotia, New Brunswick, Prince Edward Island, und Neufundland und Labrador) hat eine starke historische Bindung zur englischen Krone. Diese Regionen wurden ursprünglich als britische Kolonien gegründet und haben eine lange Geschichte der Loyalität zur britischen Monarchie. Auch ein Foto vom Besuch der Queen in King’s Landing wird ausgestellt. Wir finden alles sehr spannend und fahren angesichts des geschlossenen Parks etwas enttäuscht weiter Richtung Québec.
Auf dem Weg halten wir jedoch nochmal bei der längsten überdachten Brücke der Welt, um sie zu bestaunen, fotografieren und einmal zu durchqueren. Auch hier weht der Union Jack. Dies fällt uns in gesamt New Brunswick und Nova Scotia immer wieder auf. Dann geht es immer weiter an der Grenze zu USA Richtung Norden, bis wir in der Provinz Québec ankommen. Kurz hinter der Grenze zu Québec finden wir einen Schlafplatz mit traumhaften Blick auf den See und werden dort mit einem spektakulären Sonnenuntergang begrüßt. An einer öffentlichen Dusche am See, waschen wir uns mit Blick auf die untergehende Sonne. Es bietet sich ein beeindruckendes Farbenspiel, bei dem sich minütlich die Farbe immer weiter intensiviert. Frisch und zufrieden fallen wir ins Bett. Morgen geht es dann nach Québec Stadt.


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